In Zeiten knapper MFA-Ressourcen und ausufernder Bürokratie in Arztpraxen gehen viele Ärzte und Zahnärzte dazu über, die Privatliquidation an eine externe Abrechnungsstelle auszulagern. Doch bei über 80 Anbietern am Markt stellt sich schnell die Frage, wie man denn den passenden Abrechnungsdienstleister für die eigene Praxis findet.
Abrechnung auslagern oder nicht?
Bevor ein Anbieter ausgewählt wird, sollten Ärzte gründlich überlegen, ob sie die Privatliquidation intern abwickeln möchten und somit Personal binden, oder ob sie das gesamte Thema an einen externen Spezialisten auslagern. Da beide Möglichkeiten Vor- und Nachteile bieten, stellen wir diese nachfolgend gegenüber.
Während die interne Abrechnung von Privatleistungen (für Privatpatienten oder Selbstzahler) personelle Ressourcen bindet (Abrechnung, Nachhalten von Geldeingängen, Versand von Zahlungserinnerungen und Mahnungen, ggf. Inkasso) und zudem Zeit für Weiterbildungen eingeräumt werden muss, bietet sie den Vorteil der Betreuung der Patienten aus einer Hand.
Die externe Abrechnung durch eine Abrechnungsstelle hingegen bringt zunächst einmal den Vorteil, dass urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfälle nicht dazu führen, dass die Abrechnung liegen bleibt oder gar intern jemand mit weniger Routine einspringen muss. Auch die essenziellen Schulungen und Fortbildungen zu den regelmäßigen Anpassungen der einschlägigen Gebührenordnungen finden in der Abrechnungsstelle statt, ohne, dass dadurch Ausfallzeiten in der Praxis entstehen. Die eigentliche Leistung des Abrechnungszentrums, das Forderungsmanagement inklusive Mahnwesen und – wenn nötig – das Inkasso, findet im Hintergrund statt, ohne dass es den Ablauf der Praxis beeinflusst.
Vor- und Nachteile der internen und externen Abrechnung
Interne Abrechnung |
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Vorteile |
Nachteile |
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Auf die Privatabrechnung spezialisierte externe Anbieter können bei der Honorarabrechnung unterstützen. Diese Dienstleister sind vom selbständigen Berater bis hin zum Großkonzern in jeder Unternehmensgröße am Markt vertreten.
Externe Abrechnung |
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Vorteile |
Nachteile |
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Ob die Privatliquidation ausgelagert werden soll, muss individuell entschieden werden und hängt von zahlreichen Kriterien ab, wie:
- Praxisgröße
- Fachrichtung
- Anteil Privatpatienten
- Erfolg in der Fachkräfterekrutierung
- Kostenstruktur in der Praxis
- Preis-/Leistungsverhältnis der Abrechnungsdienstleister
Wie unterscheiden sich die Tarife am Markt?
Im Falle einer Beauftragung eines externen Dienstleisters, müssen sich Ärzte zunächst für das passende Abrechnungsmodell entscheiden. Am Markt werden unterschiedliche Leistungen angeboten, die sich grob in drei Modelle einteilen lassen:
- Honorarabrechnung
- Vorfinanzierung
- Factoring
Die Modelle unterschieden sich im Grad der Dienstleistung und in der Frage des Ausfallrisikos, was sich wiederum konditionell bemerkbar macht.
Honorarabrechnung
Die reine Honorarabrechnung gilt als Basisleistung, bei der ein Abrechnungsdienstleister die gesamte Privatliquidation übernimmt. Hierzu zählen die Rechnungserstellung, der Rechnungsversand, sowie das Einfordern der Honorare gegenüber den Patienten. Die Auszahlung der Patientenzahlungen findet erst nach Geldeingang beim Dienstleister statt, üblicherweise ein bis zwei Mal im Monat.
Ausfallrisiko: verbleibt beim Arzt
Kosten: günstigste Abrechnungsform
Vorfinanzierung
Aufbauend auf der Honorarabrechnung können sich Ärzte auch für eine sogenannte Vorfinanzierung entscheiden, bei der die Honorare an die Arztpraxis ausbezahlt werden, bevor der Patient seine Rechnung beglichen hat. Der Zeitpunkt der Auszahlung wird vertraglich fixiert, üblicherweise innerhalb von 7, 15 oder 30 Tagen. In der Arztpraxis entsteht durch die Vorfinanzierung ein Liquiditätsvorteil, da sie sofort über das Geld verfügen kann. Sollten Patienten jedoch säumig werden und im weiteren Verlauf ihre Rechnung nicht begleichen, so wird dieser Zahlungsausfall seitens der Abrechnungsstelle im Nachgang mit künftigen Auszahlungen an den Arzt verrechnet. Die Vorfinanzierung wird auch als „unechtes Factoring“ bezeichnet.
Ausfallrisiko: verbleibt beim Arzt
Kosten: meist teurer als Honorarabrechnung und günstiger als Factoring
Factoring
Beim Factoring (auch „echtes Factoring“ genannt) wird ebenso wie in den vorgenannten Abrechnungsmodellen die Privatabrechnung inklusive einer Vorfinanzierung durchgeführt. Der Unterschied zum unechten Factoring ist, dass der Abrechnungsdienstleister das Ausfallrisiko (sogenanntes Delkredererisiko) übernimmt. Potenzielle Zahlungsausfälle gehen demnach zu Lasten der Abrechnungsstelle.
Ausfallrisiko: geht auf Abrechnungsstelle über
Kosten: teuerste Abrechnungsform
Welches Modell ist das richtige für mich?
Die Wahl der passenden Abrechnungsleistung hängt von verschiedenen Faktoren ab. So sind in Vorfinanzierungen Zinskosten enthalten, die die Leistung gegenüber einer Honorarabrechnung ohne Vorfinanzierung verteuern. Factoring enthält zudem noch Risikokosten für Ausfallrisiko. Insofern stellt sich die Frage, ob die jeweiligen Preistreiber tatsächlich benötigt werden.
Praxen mit einem sehr geringen Anteil an Privatpatienten und einem niedrigen Rechnungsdurchschnitt genügt meist eine Honorarabrechnung. Mit steigendem Privatvolumen steigt der Wunsch der Ärzte, das erwirtschaftete Honorar zügig liquiditätswirksam auf dem Konto zu verbuchen. Eine Vorfinanzierung kann daher durchaus sinnvoll sein.
Für Leistungserbringer, die im Falle eines Zahlungsausfalls nicht nur auf der eigenen geleisteten Zeit, sondern auch auf Fremdkosten sitzenbleiben, kann Factoring sinnvoll sein. Nicht zuletzt ist echtes Factoring im zahnärztlichen Bereich sehr verbreitet.
Abrechnungsleistungen im Vergleich |
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Ausfallrisiko |
Kosten |
Honorarabrechnung |
verbleibt beim Arzt |
günstigste Abrechnungsform |
Vorfinanzierung |
verbleibt beim Arzt |
meist teurer als Honorarabrechnung und günstiger als Factoring |
Factoring |
geht auf Abrechnungsstelle über |
teuerste Abrechnungsform |
Wie finde ich die passende Abrechnungsstelle
Da der privatärztliche Abrechnungsmarkt in Deutschland sehr intransparent ist, ist ein Vergleich nicht ohne weiteres möglich. Dutzende Anbieter, vom Ein-Personen-Dienstleister bis hin zu großen Abrechnungszentren sind am Markt tätig, die wenigsten veröffentlichen ihre Konditionen.
Für ein umfassendes Bild müssten Ärzte bei jedem potenziellen Anbieter anfragen und individuelle Angebote anfordern. Hinzu kommt, dass die Abrechnungsdienstleister unterschiedlichste Kostenmodelle nutzen, die nur schwer miteinander vergleichbar sind.
Ein hinreichender Vergleich sollte ohnehin nicht nur die Kosten, sondern – neben der Frage nach der passenden Abrechnungsleistung (Honorarabrechnung, Vorfinanzierung, Factoring) – weitere Merkmale berücksichtigen.
Dies gilt sowohl bei einem Wechsel der Abrechnungsstelle, als auch bei der erstmaligen Auslagerung der Privatliquidation an einen Abrechnungsdienstleister.
Worauf kommt es beim Vergleich an?
Nun stellt sich die Frage, nach welchen konkreten Kriterien überhaupt verglichen werden sollte. Aus Sicht eines Mediziners sind zunächst die grundlegenden kaufmännischen Aspekte zu nennen, wie:
- Gibt es eine Mindestvertragslaufzeit?
- Wie lang ist die Kündigungsfrist?
- Wird neben den variablen Kosten ein Mitgliedsbeitrag fällig?
- Wird ein Mindestumsatz verlangt?
Wie bereits erwähnt, kann zudem die Überlegung sinnvoll erscheinen, wie schnell die Liquidität benötigt wird. Ist eine regelmäßige Auszahlung der Honorare erst nachdem die Patienten diese beglichen haben ausreichend? Echtes und unechtes Factoring überbrücken die Wartezeit, so dass die Honorare innerhalb einer vertraglich fixierten Zeitspanne (z.B. 7, 15 oder 30 Tage) ausbezahlt werden.
Faustregel: Je schneller das Honorar ausbezahlt wird, desto höher sind die Konditionen. |
Zudem existieren viele weitere Merkmale, die bei einem Vergleich in Betracht gezogen werden können. Dies können beispielsweise Serviceleistungen für Ärzte sein, wie:
- Betriebswirtschaftliche Beratung
- Gebührenrechtliche Beratung
- Online-Portal / App für Ärzte
- Laborsplitting
- Logodruck auf Patientenrechnung
- Außergerichtliche Mahnverfahren
- Seminare / Schulungen
- Statistiken und Reports (z.B. Rechnungsausgangslisten, Listen der offenen Posten, Ziffernvergleiche Fachgruppen)
Auch Serviceleistungen für Patienten sind immer beliebter. So bieten einigen Abrechnungsstellen beispielsweise Teilzahlungsmöglichkeiten.
Ärzte, die den Vergleich nicht selbst erstellen möchten, können auf ein online Vergleichsportal für Abrechnungsstellen zurückgreifen. Vergleichsplattformen wie abrechnungsstelle.com bieten einen kostenlosen Vergleich passender Abrechnungsdienstleister an. Mit wenigen Angaben lassen sich mit dem Vergleichsrechner für Abrechnungsstellen dutzende Anbieter nach eigenen Kriterien miteinander vergleichen.
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